Friedenstraining im Unterricht

Streit und Gewalt – Was kann ich tun?

KURZE EINLEITUNG

Wie können Sie souverän mit Streitigkeiten unter Schülerinnen und Schülern umgehen? Und wie bringen Sie die Kinder dazu, ihre Haltung gegenüber Streit und Gewalt zu reflektieren?
Das Buch liefert Ihnen das notwendige Hintergrundwissen zur Eskalation von Streit und Gewalt und bietet Ihnen praktische Orientierungshilfen für den Schulalltag. Wichtig ist, dass sich Ihre Schüler handlungsorientiert mit dem Thema auseinander setzen.

Inhalte des Trainingsprogramms

Kurz zusammengefasst

Das Buch enthält Bausteine, die jeweils im Deutsch- oder Sachunterricht, in Religion oder in einem Projekt eingesetzt werden können. Die Basis für dieses Buch bilden mehrjährige Erfahrungen in der Grundschule, die ich innerhalb des Unterrichts oder in sogenannten Streitkursen, an denen auch Eltern teilnahmen, und in einem größeren Projekt machen konnte. In der Zeit entwickelte ich das Material und erprobte es.

In den Bausteinen geht es vor allem darum, dass Kinder die Erwartungen in Bezug auf ihre Art Konflikte zu lösen kritisch  hinterfragen, damit sie merken, dass sich ihr Verhalten auf das Zusammenleben negativ auswirkt. Diese Erkenntnis könnte zu einer veränderten Einstellung führen.

Sich der Eigenverantwortung bewusst werden

Kinder erwarten, dass andere für sie die Verantwortung übernehmen. Das sind meistens Eltern oder Lehrpersonen, wodurch Kinder daran gehindert werden, auch nur im Ansatz eigene Strategien zu entwickeln.

Wer bekommt die Wurst? Der Affe soll entscheiden.

In  einer Fabel wie „Der Affe als Schiedsrichter“ können Kinder erkennen, dass es sinnvoller ist sich selbst zu einigen, anstatt dass ein anderer für sie entscheidet.

Sich seiner Stärke bewusst werden

Kinder haben eine Vorstellung von ihrer Stärke, die aggressives Verhalten provoziert.

In einer Umfrage schrieben Kinder zum Beispiel: „Ich fühle mich stark, wenn ich einen blutig schlage, wenn ich einen zum heulen bringe.“

"Der Junge fühlt sich stark, weil er für Aufruhr sorgt."

Von Kindern wird oft übersehen, dass ‚stark sein’ auch bedeutet: Nicht so empfindlich sein und möglichst gelassen auf Ärger reagieren.

Gefühle wahrnehmen

Kinder sind kaum in der Lage ihre eigenen Gefühle und die der anderen wahrzunehmen. Gefühle zu zeigen macht sie außerdem verletzbar. So verharren sie in einer vorgefassten Meinung und interpretieren oft das Verhalten des anderen folgendermaßen: „Der (Die) hat das extra gemacht!“

Trotzig?

Mürrisch?

Zornig?

Gefühle lassen sich an Mimik und Gestik ablesen, so werden Kinder für die Gefühle, die zu einem Konflikt führen, sensibilisiert und können sie sich eher in die Lage des anderen hineinversetzen.

Ärger abwehren

Fühlen Kinder sich geärgert, kennen sie oft nur eine mögliche Reaktion. Seine Wut offen zu zeigen und aggressiv zu werden, ist in ihren Augen berechtigt.

Das aber führt in der Regel dazu, dass andere über den Wütenden lachen und ihn damit erneut verletzen. Außerdem sollten Kinder lernen, dass Wut blind macht und ihnen nur eine Scheinstärke verleiht, wie es das chinesisches Märchen: ‚Der Löwe und das Kaninchen’ zeigt.

Das Kaninchen bleibt gelassen und kann so den Ärger abwehren, während der Löwe in seiner Wut auf seine List hereinfällt.

Die Kettenreaktion stoppen

Bei einem Streit kommt es oft zu einer Parteinahme durch  Mitschüler und Mitschülerinnen, wie es ein Kind in dieser Grafik deutlich macht.

Aus einer kleinen Auseinandersetzung entsteht dadurch ein Tumult, eine Eskalation des Streits, die kaum noch zu stoppen ist. Ähnliches geschieht, wenn einzelne Kinder in einen Konflikt eingreifen und „nur helfen“ wollen. Die Kinder müssen begreifen, dass eine Parteinahme den Streit verschlimmert. Klären lässt sich eine solche Situation nur mit den am Streit Beteiligten.

Lernen Hilfen, die im Streit vermitteln, anzunehmen

In der im Bild dargestellten Situation fällt es den Streitenden sehr schwer Hilfe anzunehmen, weil es sicher noch mehr Ärger geben wird.

Das bedeutet: Nur wenn Helfer  (andere Kinder, Eltern oder Lehrpersonen) neutral bleiben und die eingeübten Gesprächsregeln eingehalten werden, können Kinder Hilfe annehmen.

Methodische Ansätze

Kinder emotional erreichen

Da eine Veränderung der Grundeinstellung zu Streit und Gewalt angestrebt wird, ist es notwendig, außer an die Vernunft der Kinder zu appellieren ihre Gefühle anzusprechen. Dies erreicht man unter anderem durch Rollenspiele und Geschichten. Sie halten den Kindern einen Spiegel vor, in dem sie ihre Rolle reflektieren können.

"Das kleine Flusspferd" Afrikanisches Märchen

Wichtig für einen konstruktiven Umgang miteinander ist, dass jedes Kind seine Stärken und Schwächen kennt und sie akzeptieren lernt, wie es das kleine Flusspferd erfährt.

Weitere Anregungen zum friedlichen Miteinander, die nicht in dem Buch enthalten sind:

Baustein Ärger abwehren:

„Du hast angefangen – Nein du“ von David McKee

Baustein Stärke:

„Der kleine Zoowärter schlichtet Streit“ von  Gina-Ruck-Pauckèt

„Die Brüllstiere“ von Ursula Wölfel

„Starke Kinder“ von Rolf Zuckowski

Filme zur Suchtprävention
Aus „Tobi und die Stadtparkkids“
Folge 2: Geheimnisse
Folge 3: Scherbenhaufen
Folge5: Abgeblitzt
Folge 7: „Nein!“
Folge 11: Der wahre Held

Baustein Kettenreaktion:

„Platsch“ (Tibetisch) aus ‚Chinesische Märchen‘, Fischer Verlag

Lernen miteinander zu sprechen

Die ersten drei Bausteine (Eigenverantwortung, Stärke, Gefühle) bilden die Voraussetzung und die Basis für die Inhalte der anderen Bausteine, in denen es konkret um Lösungsstrategien geht.

Nur wenn Kinder selbst die Verantwortung für ihren Streit übernehmen wollen, wenn sie ‚cool bleiben’ als Stärke empfinden und mehr nach dem fragen, was der andere fühlt anstatt nach der Schuld, werden sie gesprächsbereit und sind eher in der Lage Lösungen für ihren Konflikt zu finden, was das nebenstehende Protokoll, das den Streitverlauf aus der Sicht der Kinder schildert, deutlich macht.

Um einen Streit zu entschärfen, genügt oft die Frage, was jeder mit seinem Verhalten erreichen wollte. Mit dieser Frage sind keine langen Diskussionen nötig, da Schuld und Rechtfertigung keine Rolle spielen. Muss aber ein Konflikt durch ein längeres Gespräch aufgearbeitet werden, sollten die Kinder die Schritte zur Lösungsfindung kennen und akzeptieren lernen.

Schritte die zu einer Lösung für beide Streitparteien führen können:

Die Vermittlerrolle

Schüler, Schülerinnen, Eltern und Lehrpersonen müssen sich über die Art und Weise, wie sie vermitteln, einig sein. Das hilft den Kindern, die gewonnenen Erkenntnisse auch anzuwenden. Es baut Vertrauen auf und führt langfristig gesehen zu einem eigenverantwortlichen Handeln. Besonders die Eltern müssen mit einbezogen sein, denn sie neigen dazu, in besonderem Maße die Verantwortung für ihre eigenen Kinder zu übernehmen, um sie  zu beschützen.  So verhindern sie konstruktive, klärende Gespräche. Nehmen aber Eltern an dem teil, was den Kindern vermittelt wurde, können sie den Prozess zu einem friedlicheren Miteinander positiv unterstützen.